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Archivmeldung: 2017-10-20 Grunderwerbsteuerpflicht für Gemeindeanleihe

Grunderwerbsteuerpflicht für Gemeindeanleihe: Bundesfinanzgericht entscheidet zu WT 80-Fall in Guntramsdorf
Seit 2014 gibt es um ein vom Wiener Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsunternehmen WT 80 entwickeltes Finanzierungs- und Umschuldungsmodell für Gemeinden offene steuerrechtliche Fragen. Nun hat das Bundesfinanzgericht am Beispiel der Marktgemeinde Guntramsdorf entschieden.

WT 80, als Entwickler der Gemeindeanleihe, hat der Marktgemeinde Guntramsdorf die vermeintliche Grunderwerbsteuerbefreiung als besonderen Vorteil der Anleihe zur Umschuldung und Finanzierung von Infrastrukturprojekten empfohlen und angepriesen.

Der erwartete Steuervorteil war maßgeblich dafür, dass der Guntramsdorfer Gemeinderat im Jahr 2014 mit großer Mehrheit und Stimmen aller politischen Parteien der Begebung der ersten Gemeindeanleihe in Österreich als Alternative zu einer Kreditfinanzierung zugestimmt hat. Auch das Land NÖ gab damals nach Überprüfung des Modells grünes Licht für diese Art der Finanzierung.

Die Frage der Grunderwerbsteuerpflicht ging in den letzten drei Jahren bis zum Bundesfinanzgericht. Anfang Oktober 2017 hat dieses Gericht entschieden, dass im Zusammenhang mit der Besicherung der Gemeinde-Anleihe durch Gemeinde-Immobilien – trotz anderer Bewerbung und Bewertung des Modells durch die WT 80-Gruppe und deren Gutachter – Grunderwerbsteuerpflicht für die Marktgemeinde Guntramsdorf und eine gemeindeeigene Gesellschaft besteht. Die Gemeinde bzw. eine ihrer Betriebsgesellschaften muss daher eine Steuernachzahlung in der Höhe von insgesamt 1,3 Millionen Euro leisten.

Diese Summe wurde von der Gemeinde „in Vorsorge und weiser Voraussicht“, wie der aktuelle Guntramsdorfer Bürgermeister, Robert Weber, betont, frühzeitig aus den Einnahmen der Gemeindeanleihe zurückgestellt und kann daher sofort beglichen werden.

Gemeinde-Anleihe ermöglichte Auflösung langfristiger Verbindlichkeiten
Der Gemeinde Guntramsdorf sind 2014 aus dem auf 30 Jahre angelegten Anleihegeschäft ca. 30 Mio. Euro an Finanzmitteln zugeflossen, die zur Auflösung von langfristigen Verbindlichkeiten verwendet wurden.

Die heutige Guntramsdorfer Gemeindevertretung sieht mit der nunmehr gerichtlich festgehaltenen Grunderwerbsteuerpflicht einen weiteren Hinweis auf eine mögliche Falschberatung des damaligen Guntramsdorfer Gemeinderates bzw. der gemeindeeigenen Betriebsgesellschaft durch die WT 80-Gruppe.

„Wir haben die gesamte Grunderwerbsteuer aus diesem Geschäft sowie die angefallenen Verfahrenskosten bei der WT 80-Gruppe als Schadenersatzanspruch gerichtlich geltend gemacht“, so Bürgermeister Weber.

Er hat dazu bereits im Juni dieses Jahres vorsorglich eine Feststellungsklage gegen die WT 80-Gruppe einbringen lassen. Diese Klage soll sicherstellen, dass allfällige Schadenersatzpflichten der WT 80-Gruppe und ihrer Berater trotz der langen Verfahrensdauer nicht verjähren. Das Verfahren beim Handelsgericht Wien läuft aktuell, wird aber erst im kommenden Jahr, nach Zeugeneinvernahmen, weiterverhandelt werden.

Bürgermeister Robert Weber rollt weiterhin kompletten Geschäftsfall auf
Der 2015 neu gewählte Guntramsdorfer Bürgermeister, Robert Weber, hat sofort nach seinem Amtsantritt eine umfassende Überprüfung aller Geschäftsbestandteile der Anleihe, die vor seiner Amtszeit als Bürgermeister beschlossen wurde, eingeleitet.

Weber: „Ich stehe für volle Transparenz und lasse seit meinem Amtsantritt, auch in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden, alle offenen Fragen rund um das Zustandekommen der Gemeindeanleihe klären. Wir werden unsere Schadenersatzansprüche mit aller Kraft geltend machen. Der Marktgemeinde Guntramsdorf und ihrer Bevölkerung darf aus Beraterfehlern kein finanzieller Schaden entstehen“, so Weber abschließend.